Helle Tupfen in Weiß und Grün: Der lichtdurchrieselte „Birkenwald“, den Christian Rohlfs 1898 malte, ist mit seinen hellen Farben, den unscharfen Konturen und vor allem dem Naturmotiv ein geradezu idealtypisches Beispiel für den Impressionismus. Die Sonderausstellung „Moderne und Idyll. Impressionismus in Deutschland“ im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf, Schleswig, widmet sich der Entwicklung dieser Kunstströmung in Deutschland.
Licht und Atmosphäre einfangen, das wollten immer mehr Maler im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert. Statt im Atelier malten sie draußen in der Natur; statt sorgfältig arrangierte Porträts oder Stilleben zu gestalten, wollten sie den gegenwärtigen Moment auf die Leinwand bannen. Möglich wurde das durch neue Materialien: Industriell gefertigte Ölfarben in wieder verschließbaren Tuben mussten nicht mehr mühsam vorgemischt – und rasch verbraucht – werden, sondern ließen sich unkompliziert auch im Freien verwenden.
Das Publikum reagierte teils entsetzt, teils begeistert auf die neue Maltechnik. Als das Sammlerehepaar Carl und Felicie Bernstein 1882 in Berlin Gemälde von Manet, Monet, Pissarro und Morisot ausstellte, fragte der anwesende Maler Adolf von Menzel ungläubig: „Haben Sie wirklich Geld für den Dreck ausgegeben?“ und setzte hinzu: „Es ist meine aufrichtige Überzeugung, Ihre Bilder sind scheußlich.“
Was empörte den Maler so? Die später so genannten Impressionisten wollten nicht einen Gegenstand oder eine Landschaft wiedergeben, sondern den dadurch ausgelösten Eindruck. Um einen flüchtigen Moment festhalten zu können, verzichteten sie auf eine scheinbar objektive und möglichst wirklichkeitsgetreue Abbildung. Statt dichter Flächen und exakter Konturen zeigten ihre Bilder unscharfe, zufällig anmutende Farbwolken aus Punkten und Tupfen.
Die zunächst in Frankreich entwickelte Malweise wurde bald darauf auch von Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland aufgenommen. Hier wurde der Impressionismus rasch zu einer der wichtigsten modernen Kunstrichtungen – bis weit über die Wende zum 20. Jahrhundert hinaus.
Die Ausstellung in Schleswig zeichnet diese Erfolgsgeschichte nach: Sie zeigt den Impressionismus als „Kunst des modernen Lebens“, die ganz besonders das selbstbewusste großstädtische Bürgertum ansprach. In vielfältiger Weise setzte sie sich mit den neuesten technischen Entwicklungen – insbesondere mit der Fotografie – auseinander. Gleichzeitig bedienten impressionistische Künstler in Deutschland aber auch das Bedürfnis nach Darstellungen unberührter Natur und idyllischer Landschaften. Im Zuge der Industrialisierung wuchs beim großstädtischen Publikum die Sehnsucht nach einem ästhetischen Gegenentwurf zu den sich rasant verändernden Lebenswirklichkeiten.
Die Sonderausstellung „Moderne und Idyll. Impressionismus in Deutschland“ beginnt mit den französischen Ursprüngen des Impressionismus, so etwa Arbeiten von Paul Cézanne, Edgar Degas, Edouard Manet, Auguste Renoir, Paul Signac und Henri de Toulouse-Lautrec.
Eindrucksvolle Bilder von Christian Rohlfs, Hans Olde und Max Liebermann zeigen, wie deutsche Künstler seit den 1880er Jahren erste impressionistische Elemente in ihre Kunst aufnahmen. Lovis Corinth, Walter Leistikow und Max Slevogt sind mit wichtigen Arbeiten vertreten, ebenso Lesser Ury, der bis in die 1920er Jahre seinem eigenständigen, sehr urban geprägten impressionistischen Stil treu blieb.
Die Ausstellung integriert auch die Entwicklung in Norddeutschland und stellt Werke der Lübecker Gotthardt Kühl und Maria Slavona sowie der Hamburger Thomas Herbst und Ernst Eitner in den Kontext ihrer Zeit. Sie ist noch bis zum 31. Oktober zu sehen. (Andrea Teupke / Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf)
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