Blaue Berge (Landschaft mit gelbem Schornstein): So nannte Alexej von Jawlensky dieses Landschaftsbild, das er 1912 in Öl malte. Mit seinen leuchtenden Farben und kräftigen Umrissen spiegelt es ganz unverkennbar den Stil der damals avantgardistischen Künstlergruppe „Der blaue Reiter“ wider (Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert.)
1921, also vor hundert Jahren, kam der russische Maler erstmals nach Wiesbaden. Bald darauf traf er die Entscheidung, sich dort niederzulassen. Jetzt widmet das Museum Wiesbaden dem expressionistischen Künstler eine große Jubiläumsausstellung. Unter der Überschrift „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ werden erstmal alle 111 Werke von Jawlensky gezeigt, die mittlerweile im Besitz des Museums sind, gleichzeitig wird aber auch sein Leben beleuchtet.
Großer Erfolg in Wiesbaden
Jawlensky wurde in Wiesbaden zunächst gefeiert: „In Wiesbaden hatte ich damals einen großen Erfolg“, sagte er selbst über diese Zeit. „Ich begegnete dort sehr netten Menschen, und das bestimmte mich, meinen Wohnsitz in Wiesbaden zu nehmen.“ Jawlensky war neben Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger Teil der Künstlergruppe „Die Blaue Vier“ und galt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler. Doch mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus änderte sich das: Seine Kunst wurde als „entartet“ abgestempelt, Jawlensky durfte nicht mehr ausstellen, und das Museum Wiesbaden gab seine bis dahin erworbenen Werke ab.

Auch gesundheitlich ging es Jawlensky zunehmend schlecht: Er litt an rheumatoider Arthritis, war monatelang ans Bett gefesselt und konnte in seinen späten Jahren nur noch unter Mühen und mit der linken Hand malen. In seinen „Meditationen“ hat das sichtbare Spuren hinterlassen: Phasenweise konnte er wegen der Lähmungserscheinungen nur noch mit horizontalen, vertikalen und schrägen Pinselzügen arbeiten. 1941 starb Jawlensky.
Weltgrößte Sammlung
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Sammlung des Museum Wiesbaden wieder aufgebaut und stetig erweitert und ist heute die größte und bedeutendste Sammlung von Jawlensky-Werken. Die jüngste Ergänzung ist das „Stillleben mit Blumenvase“ aus dem Jahr 1937, das erst in diesem Jahr dank tatkräftiger Unterstützung des Vereins der Freunde des Museums erworben werden konnte. Mit diesem Stilleben ist die Zahl von 111 Werken, die sich Kurator Roman Zieglgänsberger zum Ziel gesetzt hatte, komplett.
Für die Jubiläumsausstellung wurde ein ungewöhnlicher Ansatz gewählt. Denn die 111 Werke werden in der Reihenfolge ihrer Erwerbung gezeigt – ergänzt durch Objekte, Bilder und Briefe aus dem Besitz des Malers. So erzählt die Schau ein Stück Sammlungsgeschichte und ermöglicht faszinierende Erkenntnisse. Paralell dazu bietet das Museum eine Audiotour an sowie einen Rundgang durch Wiesbaden zu historischen Orten und bedeutenden Stationen im Leben des Künstlers. (Andrea Teupke / Museum Wiesbaden)
Mehr Infos:
Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden Ausstellung im Museum Wiesbaden bis zum 27. März 2022
Jawlenskypfad – ein Stadtrundgang auf Jawlenskys Spuren