Seit seinem Studienzeitende bewahrte Gerhard Richter seine gesammelten Materialien in Schubladen und Mappen auf. Später begann er, die Bildvorlagen zu sichten und all jene, die für seine Gemälde wichtig waren oder hätten sein können, zu Tafeln zusammengestellt aufzukleben. In den Atlas sind Bilder verschiedener Art und Herkunft eingeflossen: eigene und fremde Familienfotos, Material aus Printmedien, Serien eigener Fotografien von Landschaften oder Stillleben, experimentelle und konkret werksvorbereitende Fotografien, zudem Skizzen und Raumentwürfe sowie einige übermalte Fotografien.
Zugleich dient die Atlas-Serie aber auch als Sammlung tatsächlicher und möglicher Bildvorlagen. Gerade auf den frühen Tafeln lässt sich noch eine Vielzahl an direkten Vorlagen ausmachen. Bei ihnen zeugen Spuren, wie etwa Quadrierungen für die Vergrößerung von Motiven, von dem Übertragungsprozess in Gemälde. Manchmal geben die aufgeklebten Zeitungsausschnitte auch Zusatzinformationen, die Richter auf den Gemälden weggelassen hat. Der Atlas offenbart den Betrachtenden auf diese Weise zusätzliche Informationen über deren Entstehung.
Aufgeriebene Farbproben neben Motiven zeugen immer wieder von der Suche nach dem richtigen Farbton für die Gemälde. Bei den Landschaften, die in oft langen Serien im Atlas eingefügt sind, ist es deutlich schwieriger, die direkten Vorbilder der gemalten Fassungen zu identifizieren. Hier stehen die Vielzahl der Möglichkeiten und indirekt auch der – im Atlas stets mit thematisierte – Auswahlprozess bis zum ausgeführten Motiv noch deutlicher im Vordergrund.
Die Ausstellungsreihe im Atelier Liebermann
Mit der Ausstellung im Atelier Liebermann: Gerhard Richter. Atlas-Übersicht 1:2 setzt die Stiftung Brandenburger Tor ihre Reihe im Atelier Liebermann zur Gegenwartskunst fort. In
Erinnerung an das Dachatelier Max Liebermanns zeigt die Kulturstiftung der Berliner Sparkasse jährlich zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler. Der Fokus dieser Ausstellungen liegt auf dem künstlerischen Entstehungsprozess: Wie sieht die Arbeit im Atelier aus und was inspiriert das künstlerische Schaffen? Mit dem Blick in das jeweilige Atelier knüpft die Ausstellungsreihe an den genius loci an: das Max Liebermann Haus als kreativschöpferischer Ort. Reihenkurator ist Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Brandenburger Tor.
30. Oktober 2020 – 08. August 2021
Weiterführende Informationen
Katalog zur Ausstellung im Verlag der Buchhandlung Walher König.
Zur Ausstellung im Atelier Liebermann: Gerhard Richter. Atlas-Übersicht 1:2 erscheint eine von Gerhard Richter signierte Edition.