Seit 1980 gibt die Zeitschrift Camera Austria International ihren Leser*innen Einblicke in wichtige Debatten zur Rolle der Fotografie als Medium und Praxis zeitgenössischer Kunst und präsentiert herausragende Künstler*innen, die außerordentliche Beiträge zur ständigen Weiterentwicklung des Mediums erarbeitet haben. Die Zeitschrift ist nicht primär der Aktualität verpflichtet, sondern stellt Materialien zur Verfügung, die als Teil längerfristiger und nachhaltiger Diskurse auch im Nachhinein als Quellen von Bedeutung bleiben. Daraus ist über die Jahre ein – mitunter überraschendes – Archiv und Nachschlagewerk zur zeitgenössischen Fotografie entstanden.
Den Kern der zweisprachigen (ger./eng.) Zeitschrift bilden nach wie vor monografische Beiträge über Künstler*innen, die für einen aktuellen Blick auf Fotografie entscheidend sind. Dazu werden in der Rubrik Forum junge internationale Positionen – oft auch in Kooperation mit Kurator*innen, Lehrenden oder Künstler*innen – vorgestellt, die noch wenig bekannt sind, aber bereits ein außergewöhnliches Profil zeigen. Abgerundet wird das Gefüge der Zeitschrift durch einen profilierten Überblick über aktuelle internationale Ausstellungen und kürzlich erschienene Bücher.
Einmal jährlich verlässt Camera Austria International die klassische Struktur der Zeitschrift, um Künstler*innen einzuladen, die Gastredaktion zu übernehmen und in diesem Rahmen ein Thema mit künstlerischem und theoretischem Fokus zu durchdringen.
Das Ausstellungsprogramm mit einem Schwerpunkt auf Einzelausstellungen zeigt großteils längerfristig und spezifisch für Camera Austria erarbeitete Projekte. Die jeweiligen künstlerischen Positionen markieren dabei wichtige bildpolitische Fragestellungen und stecken ein breites Feld der Erforschung des fotografischen Bildes auf unterschiedlichen Ebenen ab: die Geister der Archive, Fragen der Wissensproduktion, die Konstruktion von Identitäten, künstlerische Forschung, feministische Kritiken, die Rekonstruktion von Geschichte oder die Erosion sozialer Utopien. Der gemeinsame Rahmen dieser Positionen und Projekte besteht womöglich darin, die gesellschaftliche Relevanz des fotografischen Bildes zu erhalten und nicht bloß dessen kulturelle Rolle zu untersuchen.
Seit 1977 publiziert Camera Austria Ausstellungskataloge und Bücher in der Edition Camera Austria mit dem Fokus auf österreichische Künstler*innen. Diese entstehen in enger Zusammenarbeit mit den Künstler*innen, geben erstmals einen Überblick über deren Arbeit oder stellen neue Projekte vor. Neben monografischen Büchern entstehen auch Publikationen, die ihren Ausgangspunkt in Ausstellungsprojekten von Camera Austria nehmen.
Seit 1989 vergibt eine internationale Jury alle zwei Jahre den Camera Austria-Preis für zeitgenössische Fotografie der Stadt Graz an eine*n Künstler*in, die/der einen herausragenden Beitrag in der Zeitschrift publiziert hat. Die Auszeichnung gehört zu den höchstdotierten Preisen für künstlerische Fotografie in Europa. Erste Preisträgerin 1989 war Nan Goldin, es folgten u. a. Seiichi Furuya, David Goldblatt, Hans-Peter Feldmann, Allan Sekula, Aglaia Konrad, Walid Raad, Sanja Iveković, Heidrun Holzfeind, Joachim Koester, Annette Kelm und Jochen Lempert.
Im Jahr 2001 hat der französische Soziologe Pierre Bourdieu Camera Austria sein gesamtes Archiv von Fotografien, die während seiner Feldforschungen in Algerien zwischen 1958 und 1961 entstanden sind, mit dem Ziel anvertraut, diese Aufnahmen in einer Ausstellung und Publikation erstmals der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In Zusammenarbeit mit der Fondation Pierre Bourdieu in St. Gallen wurden diese Fotografien gesichtet, strukturiert und seitdem in zahlreichen Ausstellungen weltweit gezeigt sowie in einer Monografie, die mittlerweile in viele Sprachen übersetzt wurde, publiziert.
Unsere öffentliche Bibliothek in Graz verfügt über 10 000 Monografien, Ausstellungskatalogen und Nachschlagewerken sowie mehr als 6 000 Titeln aus ca. 70 Zeitschriften über einen herausragenden publizistischen Querschnitt zur Fotografie seit den 1970er-Jahren – darunter zahlreiche vergriffene Publikationen und Künstlerbücher. Die Bibliothek bietet damit die Möglichkeit, die vielfältigen Verknüpfungen von Fotografie und Gegenwartskunst vor einem internationalen Hintergrund zu recherchieren.
Im Jahr 2017 hat Camera Austria einen Großteil des Projektarchivs der Jahre 1974 – 2002 digitalisiert und veröffentlicht. Damit ist Camera Austria eine der wenigen, wenn nicht gar die einzige Institution im Bereich zeitgenössischer Kunst in Österreich, die ihr Archiv in einem Handapparat in der Studienbibliothek öffentlich zur Verfügung stellt.